Sammlung und Museum
Wied hat
bereits vor seinen großen Reisen Naturalien gesammelt, die er
durch Ankauf oder Tausch erwarb. Der Verkehr mit Tauschpartnern, Präparation
und Aufstellen der Objekte scheinen zumindest zeitweise ebenso viel
Zeit in Anspruch genommen zu haben wie die sonstige wissenschaftliche
Arbeit des Prinzen.
Den Grundstock
dürften allerdings eigene Jagdtrophäen und sonstige Aufsammlungen
in den heimischen Revieren gebildet haben, denn zunächst konzentrierte
sich seine Aufmerksamkeit ganz auf die mitteleuropäische Fauna.
Erst die Überseereisen haben zur Aufnahme und Pflege von Präparaten
fremder Faunen- und Florenareale sowie von völkerkundlichem Material
geführt. Schaustücke bildeten Großtierarten wie Antilopen
und Königstiger. Vögel bildeten bis Ende der vierziger Jahre
einen Schwerpunkt, dann aber die Fische.
Christian
von Stamberg erzählt im "Rheinischen Antiquarius": Die
Säugetiere sind etwa 320. Unter den ungleich zahlreicheren Vogelgeschlechtern
figurieren wenigstens 60- bis 70erlei Papageien, mehrere Eisvögel,
über 50 Arten Tauchenten, fünferlei Schwäne. Das omithologische
Kabinett zählt überhaupt mehr denn 1700 Individuen. ...
Außerordentlich stark ist nicht minder die Ichthyologie vertreten. (Rh. Antiqu. 111/3, S. 512) Ergänzend muß ein Herbar
erwähnt werden, das in gebundener Form wohl der Bibliothek einverleibt
war.
Im "Rheinischen
Antiquarius" werden auch viele Waffen, Gerätschaften
und Kleidungsstücke amerikanischer Wilden aus dem Norden wie
aus dem Süden erwähnt. Diese völkerkundlichen
Sammlungen des Prinzen gehören wohl mit zum wertvollsten, was
aus diesem Kulturkreis in Europa zusammengetragen worden ist. Alle
Objekte sind nämlich ausnahmslos bei den betreffenden Völkern
erworben und größtenteils dokumentiert worden.
Das Material
stammte nicht nur aus den Überseereisen. Die nordamerikanische
Ausbeute war im Vergleich zur brasilianischen sowieso dadurch erheblich
geringer, weil beim Schiffstransport auf dem Missouri ein Großteil
davon vernichtet worden war.
Wied kaufte
auch bei Pelzhändlern und Präparatoren in Deutschland, Frankreich,
England, in den Niederlanden und in Übersee. Er unterhielt entsprechende
Verbindungen, zum Teil auch über Kommissäre, bis nach Neuseeland.
Tauschpartner besaß er sowohl in Deutschland als auch in Frankreich
und in der Schweiz. Dementsprechend waren Arten aus allen Weltteilen
vertreten.
Diese naturkundliche
Sammlung war seit 1817 in der Fasanerie des Schlosses der Fürsten
zu Wied aufgestellt und öffentlich zugänglich. Sie fand
in zeitgenössischen Reiseführern Erwähnung.
Das
Sammeln von Reptilien ist für den Reisenden das unbequemste,
beschwerlichste Geschäft. Nur in wenigen Gegenden erhält
man starken reinen Branntwein, wiewohl man schlechten an allen bewohnten
Orten antrifft. Das gewöhnliche Agoa ardente de Canna (=Zuckerrohrschnaps)
ist sehr schwach, und muß in den Flaschen, welche man mit Reptilien
anfüllt oft erneuert werden, wenn sich diese conserviren sollen.
Weit besser dient in diesem Falle der stärkere brasilianische
Branntwein (Cachassa). Eine Hauptbeschwerde ist indessen der Mangel
an tauglichen Gefäßen; man kann also nur kleine Thiere,
besonders dünne Schlangen in Weinbouteillen setzten.
Um Insekten zu sammeln versieht man sich mit einem großen Vorrathe
von Nadeln, welche aber durchaus nicht von Stahl seyn dürfen,
da dieser durch den Rost in kurzer Zeit zerstört wird. Den großen
Spinnen nimmt man den Leib aus und stopft ihn voll Baumwolle. Bey
den großen Schmetterlingen ist dies auch zu empfehlen, erfordert
aber mehr Vorsicht und Uebung, Die frisch aufgesteckten und selbst
die schon trockenen Insekten werden in Brasilien von einer unendlichen
Menge sehr kleiner Ameisen angegriffen und in kurzer Zeit verzehrt.
Es gibt gegen diese Feinde kein besseres Mittel als Schnupftabak,
welchen man dick über die Insekten hinstreut und welcher sich
nachher leicht abblasen läßt.
Die Pflanzen heißer Länder enthalten in der Regel mehr Saft
als die unserer gemäßigten Climaten; es ist daher meistens
nicht möglich die Pflanzen wie bey uns langsam an der Luft zu
trocknen, weil sie anstatt zu trocknen verfaulen würden. Nur
geleimtes starkes Papier ist hier anwendbar, welches man täglich
am Feuer umlegt und schnell trocknet, um die Pflanzen warm hinein
zu legen, eine wegen der Hitze und des Rauchs gewöhnlich sehr
beschwerliche Beschäftigung. Weiche Saftpflanzen taucht man etwa
8 bis 10 Minuten in kochendes Wasser, doch so, daß die Blumen
nicht von der Flüssigkeit berührt werden; die Blätter
lassen alsdann bey dem gehörigen Pressen den Saft fahren.
Als Anhang
zum zweiten Band seiner "Reise nach Brasilien" (1821) hat
Maximilian Ueber die Art in Brasilien naturhistorische Reisen
zu unternehmen berichtet. Diese praktischen Reisetips vermitteln
einen Eindruck von den heute nur schwer vorstellbaren Umständen,
unter denen die Sammlungen zustandegekommen sind.
Aus dem
zehnseitigen Text des Originals werden lediglich Auszüge, und
diese meist noch gekürzt, beispielhaft zitiert.
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