Prinz Max zu Wied

Leben und Werk

Begleitschrift zur Ausstellung im Landschaftsmuseum Hachenburg 1994

Sammlung und Museum

Wied hat bereits vor seinen großen Reisen Naturalien gesammelt, die er durch Ankauf oder Tausch erwarb. Der Verkehr mit Tauschpartnern, Präparation und Aufstellen der Objekte scheinen zumindest zeitweise ebenso viel Zeit in Anspruch genommen zu haben wie die sonstige wissenschaftliche Arbeit des Prinzen.

Den Grundstock dürften allerdings eigene Jagdtrophäen und sonstige Aufsammlungen in den heimischen Revieren gebildet haben, denn zunächst konzentrierte sich seine Aufmerksamkeit ganz auf die mitteleuropäische Fauna. Erst die Überseereisen haben zur Aufnahme und Pflege von Präparaten fremder Faunen- und Florenareale sowie von völkerkundlichem Material geführt. Schaustücke bildeten Großtierarten wie Antilopen und Königstiger. Vögel bildeten bis Ende der vierziger Jahre einen Schwerpunkt, dann aber die Fische.

Christian von Stamberg erzählt im "Rheinischen Antiquarius": Die Säugetiere sind etwa 320. Unter den ungleich zahlreicheren Vogelgeschlechtern figurieren wenigstens 60- bis 70erlei Papageien, mehrere Eisvögel, über 50 Arten Tauchenten, fünferlei Schwäne. Das omithologische Kabinett zählt überhaupt mehr denn 1700 Individuen. ... Außerordentlich stark ist nicht minder die Ichthyologie vertreten. (Rh. Antiqu. 111/3, S. 512) Ergänzend muß ein Herbar erwähnt werden, das in gebundener Form wohl der Bibliothek einverleibt war.

Im "Rheinischen Antiquarius" werden auch viele Waffen, Gerätschaften und Kleidungsstücke amerikanischer Wilden aus dem Norden wie aus dem Süden erwähnt. Diese völkerkundlichen Sammlungen des Prinzen gehören wohl mit zum wertvollsten, was aus diesem Kulturkreis in Europa zusammengetragen worden ist. Alle Objekte sind nämlich ausnahmslos bei den betreffenden Völkern erworben und größtenteils dokumentiert worden.

Das Material stammte nicht nur aus den Überseereisen. Die nordamerikanische Ausbeute war im Vergleich zur brasilianischen sowieso dadurch erheblich geringer, weil beim Schiffstransport auf dem Missouri ein Großteil davon vernichtet worden war.

Wied kaufte auch bei Pelzhändlern und Präparatoren in Deutschland, Frankreich, England, in den Niederlanden und in Übersee. Er unterhielt entsprechende Verbindungen, zum Teil auch über Kommissäre, bis nach Neuseeland. Tauschpartner besaß er sowohl in Deutschland als auch in Frankreich und in der Schweiz. Dementsprechend waren Arten aus allen Weltteilen vertreten.

Diese naturkundliche Sammlung war seit 1817 in der Fasanerie des Schlosses der Fürsten zu Wied aufgestellt und öffentlich zugänglich. Sie fand in zeitgenössischen Reiseführern Erwähnung.

Das Sammeln von Reptilien ist für den Reisenden das unbequemste, beschwerlichste Geschäft. Nur in wenigen Gegenden erhält man starken reinen Branntwein, wiewohl man schlechten an allen bewohnten Orten antrifft. Das gewöhnliche Agoa ardente de Canna (=Zuckerrohrschnaps) ist sehr schwach, und muß in den Flaschen, welche man mit Reptilien anfüllt oft erneuert werden, wenn sich diese conserviren sollen. Weit besser dient in diesem Falle der stärkere brasilianische Branntwein (Cachassa). Eine Hauptbeschwerde ist indessen der Mangel an tauglichen Gefäßen; man kann also nur kleine Thiere, besonders dünne Schlangen in Weinbouteillen setzten.
Um Insekten zu sammeln versieht man sich mit einem großen Vorrathe von Nadeln, welche aber durchaus nicht von Stahl seyn dürfen, da dieser durch den Rost in kurzer Zeit zerstört wird. Den großen Spinnen nimmt man den Leib aus und stopft ihn voll Baumwolle. Bey den großen Schmetterlingen ist dies auch zu empfehlen, erfordert aber mehr Vorsicht und Uebung, Die frisch aufgesteckten und selbst die schon trockenen Insekten werden in Brasilien von einer unendlichen Menge sehr kleiner Ameisen angegriffen und in kurzer Zeit verzehrt. Es gibt gegen diese Feinde kein besseres Mittel als Schnupftabak, welchen man dick über die Insekten hinstreut und welcher sich nachher leicht abblasen läßt.
Die Pflanzen heißer Länder enthalten in der Regel mehr Saft als die unserer gemäßigten Climaten; es ist daher meistens nicht möglich die Pflanzen wie bey uns langsam an der Luft zu trocknen, weil sie anstatt zu trocknen verfaulen würden. Nur geleimtes starkes Papier ist hier anwendbar, welches man täglich am Feuer umlegt und schnell trocknet, um die Pflanzen warm hinein zu legen, eine wegen der Hitze und des Rauchs gewöhnlich sehr beschwerliche Beschäftigung. Weiche Saftpflanzen taucht man etwa 8 bis 10 Minuten in kochendes Wasser, doch so, daß die Blumen nicht von der Flüssigkeit berührt werden; die Blätter lassen alsdann bey dem gehörigen Pressen den Saft fahren.

Als Anhang zum zweiten Band seiner "Reise nach Brasilien" (1821) hat Maximilian Ueber die Art in Brasilien naturhistorische Reisen zu unternehmen berichtet. Diese praktischen Reisetips vermitteln einen Eindruck von den heute nur schwer vorstellbaren Umständen, unter denen die Sammlungen zustandegekommen sind.

Aus dem zehnseitigen Text des Originals werden lediglich Auszüge, und diese meist noch gekürzt, beispielhaft zitiert.

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